
4.1.Einleitung
Die zwei wesentlichen Gesetzeswerke, in denen sich Vorschriften über die Rechnungslegung in Griechenland finden, sind das griechische Aktiengesetz (G. 2190/1920), dessen einschlägige Bestimmungen auch auf Gesellschaften mit beschränkter Haftung angewandt werden, sowie der Kodex für steuerliche Bücher und Belege (Präs. Dekr. 186/1992), dessen Regelwerk verbindlich ist für alle möglichen Rechtsformen einer Geschäftsausübung einschließlich derjenigen des Einzelkaufmanns.
Der Kodex für steuerliche Bücher und Belege, ein seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bestehendes Regelsystem, knüpft an die Einhaltung äußerst strenger Formalien an und die Erfüllung seiner Anforderungen erweist sich, trotz einiger Vereinfachungsversuche des Gesetzgebers in den vergangenen Jahren, noch vielfach als bürokratisch und zeitraubend. Unternehmer in Griechenland sind gut beraten, dessen Vorschriften äußerst genau zu beachten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Finanzverwaltung allzu oft Verstöße, gerade auch formeller Art, zum Anlass nimmt, die Aussagekraft der Bücher in Zweifel zu ziehen, um daraufhin zu einer nachteiligen Gewinnschätzung überzugehen.
In Bezug auf die handelsrechtliche Perspektive hat der Gesetzgeber mittlerweile eine Vielzahl an EU-Richtlinien (z.B. Vorschriften über die Publizitätspflichten bzw. die Prüfungserfordernisse von Jahresabschlüssen) in das griechische Recht integriert, sodass man für das Gros der Rechnungslegungsvorschriften von einer EU-konformen Behandlung der griechischen Unternehmer sprechen kann.
4.2. Buchführung
4.2.1. Bücher und Belege
Im Gegensatz zu den allgemein gehaltenen handelsrechtlichen Regelungen schreibt der Kodex für steuerliche Bücher und Belege (Kodikas Phorologikon Biblion ke Stichion; KBS) sehr detailliert vor, welche Bücher und Belege jeweils in welcher Form zu führen sind. (jegliche Aufzeichnungen sind in jedem Fall in griechischer Sprache in der Euro-Währung am Sitz des Unternehmens vorzunehmen). Erwähnenswert ist insbesondere, dass der KBS im Hinblick auf die erfassten Rechtspersonen allgemein gefasst ist und sich nicht nur auf alle „Gewerbetreibende“ bezieht, sondern grundsätzlich auch auf nicht gewinnorientierte Träger.
Darüber hinaus werden nach einer aktuellen Verordnung (G. 3052 vom September 2002) in dem Bestreben, die Aktivitäten von Off-Shore-Gesellschaften in Griechenland (davon gibt es in der einen oder anderen Funktion, z.B. als Aktionäre griechischer Aktiengesellschaften oder als Besitzer von Bürogebäuden, einige Tausende im Lande) besser zu überwachen, auch ausländische Gesellschaften, die Grundeigentum in Griechenland erwerben, unabhängig von ihrer Rechtsform mit Buchführungspflichten belegt.
Viele Bücher und sonstige Unterlagen (beispielsweise das Inventurbuch oder das Endlospapier, auf dem die monatlichen Kontensaldenübersichten ausgedruckt werden) und einige der Belege (z.B. der bei jeder Güterbewegung auszustellende Lieferschein) sind vor Verwendung dem Finanzamt zur Perforierung oder Abstemplung (einer Art Legalisierung) vorzulegen.
Die Vorschriften zur griechischen Rechnungslegung sehen insgesamt drei „Buchführungskategorien“ vor:
- Die „erste Kategorie“ gilt für Kleingewerbe mit einem Jahresumsatz bis 100.000 €; sie müssen ein Einkaufsbuch führen. Von dieser Pflicht sind wiederum Unternehmer befreit, deren Jahresumsatz den Betrag von 9.000 € (sofern es sich um den Verkauf von Gütern handelt) bzw. von 4.000 € (bei Dienstleistungen) nicht übersteigt.
- Die „zweite Kategorie“ gilt für Kleinbetriebe mit einem Jahresumsatz zwischen 100.001 € und 1.000.000 €. Außerdem fallen, unabhängig vom Umsatz, auch Freiberufler darunter (Art. 41, §1 der griechischen Einkommensteuerverordnung G. 2238/1994 nennt 43 Berufsträger, darunter Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure, Schauspieler) und einige andere Berufsgattungen (darunter Zollagent, Versicherungsmakler, Betreiber von Privatschulen u.a.); diese sind verpflichtet, ein „Einnahmen-Ausgaben-Buch“ und bei einem Warenumsatz von mehr als 100.000 € pro Jahr darüber hinaus auch ein Inventurbuch zu führen.
- Die „dritte Kategorie“ richtet sich an alle Unternehmen, die einen Jahresumsatz von mehr als 1.000.000 € aufweisen sowie, unabhängig vom jeweiligen Umsatz, an alle griechischen und ausländischen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die beispielsweise auch als Filialen oder einfache Betriebstätten in Griechenland anwesend sind. Diese Unternehmen sind zur Führung einer doppelten Buchhaltung (Journal, Hauptbuch, Inventurbuch, Anlagenregister etc.) nach einem der allgemein anerkannten Buchführungssysteme gehalten. Dagegen gilt für ausländische Gesellschaften, die sich gem. G. 89/1967 (Tätigkeiten nur außerhalb Griechenlands) im Lande niedergelassen haben, sowie für ausländische Fluggesellschaften, die von der griechischen Körperschaftsteuer unter der Bedingung der Gegenseitigkeit befreit sind, die einfachere zweite Buchhaltungskategorie.
Neben den Büchern und Belegen, die - wie bereits dargestellt - von einem Unternehmer abhängig von Umsatz oder Rechtsmantel zu führen sind, unterliegen zahlreiche Branchen der Pflicht zur Führung von zusätzlichen Büchern oder Belegen. Davon betroffen sind u.a. Reparaturwerkstätten von elektrischen und elektronischen Geräten (Geräteannahmebuch), Hoteliers (Pfortenbuch), Kindergarten- oder Schulbetreiber (Kinder- oder Schülerregister), Krankenhaus- oder Klinikbetreiber (Krankeneingangs- und –ausgangsbuch, Krankenregister mit zusätzlichen Informationen über die dem Patienten zuteil werdenden Krankenhaus- und Arztleistungen sowie Ärzteregister mit Angaben zu den von einem jeden Arzt betreuten Patienten etc.).
Ferner müssen Firmen, die im Rahmen von Investitionsförderungsvorschriften steuerfreie Rücklagen bilden (steuerfreie Gewinnthesaurierung) ein Investitionsbuch beispielsweise mit Informationen darüber bereithalten, welche Investitionen getätigt und welche Beträge aus dem jeweiligen Jahresgewinn unversteuert abgezweigt wurden.
Eine zusätzliche Auflage zur Führung einer Lagerbuchhaltung, die ab 01.10.2002 auf vom Finanzamt entsprechend gekennzeichneten elektronischen Datenträgern (CD-ROM´s) zu speichern ist (ab 01.01.2003 muss sogar pro Lagerraum eine separate CD-ROM geführt werden), besteht zudem für große Unternehmen, z.B. für Industrien mit einem Vorjahresumsatz von 3 Mio. €. Letztere müssen zudem ein sogenanntes Produktions- und Kostenrechnungsbuch führen.
Für die Sichtung des Buchungsstoffes sind außerdem Konten nach dem „Allgemeinem Kontenrahmen“ (Präs.Dekr. 1123/1980) einzurichten. Für Hotelunternehmen, Industriebetriebe sowie Unternehmungen, die der Prüfung durch Wirtschaftsprüfer unterliegen (s. nachstehend unter „Prüfungs- und Publizitätsvorschriften“), besteht weiter die Pflicht zur Erstellung einer Kosten- und Leistungsrechnung (= Analytiki Logistiki), wofür die Konten der Klasse 9 des griechischen Allgemeinen Kontenrahmens (wie beim deutschen IKR) vorgesehen sind. Dies hat bei Firmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 9 Mio. € einmal im Jahr, für Unternehmen mit einem den Betrag von 9 Mio. € übersteigenden jährlichen Umsatz monatlich oder vierteljährlich zu geschehen.
Zu beachten ist: Sofern ein Unternehmen Zweigstellen unterhält, unterliegen auch diese den jeweiligen Buchführungspflichten ihrer Zentrale, wobei für Unternehmen der „dritten Kategorie“ mindestens ein Journal für Kassen- und bargeldlose Geschäfte zu führen ist. Neben den Buchhaltungsaufzeichnungen sind bei Aktiengesellschaften je ein Protokollbuch der Verwaltungsratssitzungen und der Aktionärsversammlungen sowie, bei AG´s mit Namensaktien, ein Aktionärsbuch zu führen. Dagegen sollen bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung je ein Protokollbuch für Gesellschafterversammlungen und für Geschäftsführerbeschlüsse sowie ein Gesellschafterbuch gepflegt werden, wobei die beiden letzteren, obwohl im Gesetz vorgesehen, in der Praxis kaum eine Rolle spielen.
Das Geschäftsjahr umfasst 12 Monate und endet in Griechenland entweder am 30. Juni oder am 31. Dezember. Abweichend von dieser Regelung darf die Filiale einer ausländischen Gesellschaft oder eine griechische Gesellschaft, an der eine ausländische Korporation mit mindestens 50% beteiligt ist, als Bilanzstichtag den Bilanzstichtag der Zentrale bzw. der Muttergesellschaft übernehmen.
Bücher und Belege sind für sechs Jahre ab dem Ende des Jahres aufzubewahren, auf das sie sich beziehen, es sei denn, ein damit zusammenhängendes Verfahren ist vor dem „Symvoulion tis Epikratias“ (= der griechische Verwaltungs- aber auch Finanzhof) anhängig.
4.2.2. Prüfungs- und Publizitätspflichten
Sämtliche Aktiengesellschaften und „große“ Gesellschaften mit beschränkter Haftung müssen ihren Jahresabschluss durch Abschlussprüfer prüfen lassen.
Als „groß“ im Sinne dieser Vorschrift gelten Gesellschaften, bei denen zwei der nachstehenden Merkmale zutreffen:
· Bilanzsumme über 1,5 Mio. €
· Jahresumsatz über 3,0 Mio. €
· Jahresdurchschnitt der Beschäftigtenzahl über 50
Den Jahresabschluss, bestehend aus
· Bilanz
· Gewinn- und Verlustrechnung
· Ergebnisverwendungstabelle und
· Anhang
prüfen bei „kleinen“ Aktiengesellschaften, d.h. Aktiengesellschaften, die zwei der drei vorgeschriebenen Kriterien (Bilanzsumme, Jahresumsatz und Beschäftigtenzahl) nicht erfüllen, grundsätzlich zwei Prüfer, die Mitglieder der Wirtschaftskammer sind und eine entsprechende Lizenz zur Ausübung eines „wirtschaftlichen“ Berufes führen.
Dagegen benötigen sog. „große“ Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung ein Testat durch einen zertifizierten Wirtschaftsprüfer (Orkotos Elengtis Logistis). Die Wirtschaftsprüfer in Griechenland (ca. 510 lizenzierte Abschlussprüfer mit ihren ca. 1.400 Assistenden in drei verschiedenen Ausbildungsstufen) gehören dem Soma Orkoton Elengton Logiston, sog. SOEL (griechisches Institut der Wirtschaftsprüfer), an. Die Ausübung der Wirtschaftsprüfertätigkeit unterliegt strengen Zulassungskriterien (akademischer Abschluss an einer Wirtschaftsfakultät, mindestens acht Jahre Berufserfahrung und erfolgreiche Teilnahme an drei anspruchsvollen Prüfungen auf mehreren Wissenschaftsgebieten). Die Wahl der Abschlussprüfer obliegt der Hauptversammlung der Aktionäre bzw. bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung der Gesellschafterversammlung. Bei Neugründungen von Aktiengesellschaften können die Abschlussprüfer durch die Satzung oder auf einer außerordentlichen Aktionärsversammlung ernannt werden, die innerhalb von drei Monaten ab Gründung stattfinden muss.